Evangelische Frauen in Deutschland fordern umfassende Unterstützung für reproduktive Freiheit

Pressemitteilung 19. April 2024

Hannover, 16. April 2024 – Die Evangelischen Frauen in Deutschland e. V. (EFiD) begrüßen den heute erschienenen Bericht der AG 1 der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin. Die Kommission wurde von der Bundesregierung eingesetzt, um mögliche Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs zu evaluieren. Die Empfehlungen der Kommission unterstreichen die von den Evangelischen Frauen bereits im Oktober 2023 angemahnte dringende Notwendigkeit, das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung zu stärken und zu schützen.

Insbesondere freut es die Evangelischen Frauen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen der Kommission ebenfalls eine Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des StGB beinhalten. „Diese Empfehlungen werden der Tatsache gerecht, dass das aktuelle Strafrecht im Rahmen des §218 keine angemessene Lösung für die Verhinderung von Abtreibungen darstellt. Ein kostenloser und barrierefreier Zugang zu Verhütungsmitteln sowie umfassende Beratungsdienste sind deutlich wirksamere Ansätze“, so die Vorsitzende der Evangelischen Frauen in Deutschland e.V., Angelika Weigt-Blätgen in Rückgriff auf den Mitgliederbeschluss von EFiD zum § 218 im Oktober 2023 (hier).

Die Ergebnisse der ELSA-Studie (Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer – Angebote der Beratung und Versorgung) haben gezeigt, dass die Versorgungslage rund um den Schwangerschaftsabbruch mangelhaft ist und verdeutlichen, wie dringend Verbesserungen in der Versorgung ungewollt schwangerer Personen erforderlich sind. Angesichts dieser Erkenntnisse ist es unerlässlich, Lösungen außerhalb des Strafgesetzbuches zu finden, die den Bedürfnissen und Rechten derjenigen gerecht werden, die eine Schwangerschaft austragen wollen oder nicht.

Die Evangelischen Frauen forderten bereits in ihrem Mitgliederbeschluss eine gesetzliche Absicherung des Rechts auf qualitativ hochwertige, freiwillige, ergebnisoffene, kostenfreie und barrierearme Schwangerschaftsberatung sowie eine Regelung zur Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen. „Und daran halten wir fest,“ bestätigt Susanne Kahl-Passoth, stellv. Vorsitzende „diese Schritte sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Frauen und schwangere Personen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um fundierte, freiheitliche Entscheidungen über ihre reproduktive Gesundheit treffen zu können.“

Die Evangelischen Frauen rufen die politischen Entscheidungsträger dazu auf, die Empfehlungen der Kommission ernst zu nehmen, die darüberhinausgehenden dringend erforderlichen Reformen voranzutreiben und einen entsprechenden Gesetzesentwurf noch in dieser Legislatur einzubringen. Die Evangelischen Frauen werden weiterhin aktiv für die Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung eintreten und sich für eine Gesetzgebung einsetzen, die die Bedürfnisse und Rechte aller schwangerer Personen respektiert und schützt.

Hintergrund
Die Arbeitsgruppe 1 der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches diskutiert, eine Thematik geprägt von anhaltenden gesellschaftlichen und ethischen Kontroversen. Vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und gesellschaftlicher Entwicklungen wurden verschiedene Aspekte, einschließlich medizinischer, rechtlicher, und psychosozialer Faktoren, umfassend geprüft. Die Gruppe berücksichtigte dabei sowohl die bestehende Gesetzeslage als auch internationale Vorgaben, um Empfehlungen für die Gestaltung zukünftiger Gesetzgebungen zu entwickeln. Diese Arbeit bezog unterschiedliche weltanschauliche und religiöse Perspektiven ein und zielte darauf ab, im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben und der demokratischen Prozesse Lösungsansätze zu bieten.
Die ELSA-Studie zielt darauf ab, die sozialen und gesundheitlichen Herausforderungen sowie Ressourcen von Personen zu verstehen, die sich mit ungewollten Schwangerschaften konfrontiert sehen, unabhängig davon, ob sie die Schwangerschaft austragen oder abbrechen. Diese Forschungsarbeit beruht auf internationalen Studien, die zeigen, dass die Belastungen weniger durch den Schwangerschaftsabbruch selbst als vielmehr durch die schwierigen Lebensumstände, unter denen die Schwangerschaft eintritt, entstehen. Die Studie betrachtet unterschiedliche Schwangerschaftsverläufe und nimmt dabei eine Entwicklungsperspektive ein, um die psychosozialen und medizinischen Unterstützungsangebote zu evaluieren. Besonderes Augenmerk gilt Frauen in speziellen Problemlagen sowie der Einbeziehung ihrer Partner und professioneller Fachkräfte, um die Wirksamkeit der Unterstützungsleistungen zu analysieren. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, Angebote und politische Maßnahmen gezielt zu verbessern und die reproduktive Gesundheit der Personen zu fördern.


Rückfragehinweis
Evangelische Frauen in Deutschland e. V.
Angelika Weigt-Blätgen (Vorsitzende)
Susanne Kahl-Passoth (stv. Vorsitzende)
Berliner Allee 9-11
30175 Hannover
Tel.: 0511 – 89 768 100
Email: info@evangelischefrauen-deutschland.de
www.evangelischefrauen-deutschland.de


Hintergrund
Der Verband Evangelische Frauen in Deutschland e. V. (EFiD) mit Sitz in Hannover ist als Dachverband die Stimme evangelischer Frauen in Kirche und Gesellschaft. Die EFiD fördert und unterstützt die Arbeit von und mit Frauen in kirchlichen Bezügen und ermutigt Frauen, in der heutigen Welt als Christinnen zu leben. Mit frauenspezifischer Kompetenz und Sicht setzt der Verband theologische, spirituelle, sozialdiakonische und politische Impulse. Zur EFiD gehören 37 Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 3 Millionen Mitgliedern.

Angelika Weigt-Blätgen ist Vorsitzende der Evangelischen Frauen in Deutschland e. V. (EFiD). Die ehemalige Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen war Vorsitzende der Evangelischen Konferenz Diakonie und Entwicklung des EWDE.

Susanne Kahl-Passoth ist stellvertretende Vorsitzende der Evangelischen Frauen in Deutschland e. V. (EFiD). Die Theologin i.R. war elf Jahre Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (2002-2013) und ist Sonderbeauftragte des Deutschen Frauenrats für das Thema „Prostitution“.