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Grafik: HkD

Volkstrauertag

Volkstrauertag: „Den Opfern Stimme geben“

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Volkstrauertag in seinen inhaltlichen Aussagen zu einem „Mahntag für den Frieden“ gewandelt. Mit dem Totengedenken des Bundespräsidenten wird aller Toten der beiden Weltkriege, der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und ihrer Verbrechen gedacht, aber auch der Toten in den aktuellen Kriegen und auf den Fluchtrouten. Angesichts der heutigen Krisen und innergesellschaftlichen Konflikte wird zu Frieden und Versöhnung aufgerufen.

Pastor Lutz Krügener, ehemaliger Beauftragter für Friedensarbeit im Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers beklagt jedoch: „Leider findet sich diese inhaltliche Konzentration auf Frieden und Versöhnung selten in den äußeren Gestaltungsformen wieder. Inhalt und Form stimmen nicht überein. Die Anknüpfungen an die militaristischen Traditionen werden an manchen Orten beibehalten und so bleibt der Tag besonders für jüngere Generationen unattraktiv und hinter seinen eigentlichen Anliegen und Möglichkeiten zurück."

„Volkstrauertag“

„Wir denken heute  an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.“ So beginnt das „Totengedenken zum Volkstrauertag“ von Bundespräsident Joachim Gauck. Es schließt mit den Worten:“ Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.“ Ja, so soll es sein.  Als Gedenktag für wirklich alle Opfer  von Krieg und Gewaltherrschaft  dieser Welt, behält der Volkstrauertag eine wichtige Bedeutung für unsere Gesellschaft. Mit dieser Ausrichtung ist er nicht überholt, sondern leider im wahrsten Sinne des Wortes „brandaktuell“, denn  „Kriegsspuren“, das Motto der diesjährigen ökumenischen FriedensDekade, sind überall sichtbar. Unsere deutsche Gesellschaft, unsere Familien sind davon gezeichnet. Durch die geflüchteten Menschen bei uns ist der Krieg mit seinen Schrecken sehr nah gekommen. Auch in Hildesheim gibt es viele Kriegsspuren; eine mächtige thront über der Stadt am Galgenberg. Der fast sechs Meter hohe Krieger blickt einschüchternd nach Westen in Richtung des damaligen Feindes. Trauer um die Toten, für die er stehen soll, ist nicht zu sehen, sondern vermeintliches Heldentum. Er spricht bezogen auf die gestorbenen Soldaten seit über 77 Jahren in Stein gemeißelt: “Die ihr das Leben gabt in Schicksalszeit, gewannt dem Volk und euch Unsterblichkeit!“ So bereitete auch dieses Kriegerdenkmal  den Weg vor, dass das nationalsozialistische Deutschland wenige Monate nach Errichtung des Denkmals in den Angriffs- und Vernichtungskrieg  gegen die Völker der Welt zog. Es ist gut das vor wenigen Monaten eine Informationstafel aufgestellt wurde und, dass am Freitag,18. November ab 14 Uhr bei einem für alle offenen Symposium an der Universität Hildesheim überlegt wird, wie mit diesem Kriegerdenkmal zukünftig umgegangen werden sollte. Die Worte des Totengedenken zum Volkstrauertag können für eine heutige Perspektive der Erinnerungskultur eine Wegweisung sein: „Trauer um wirklich alle Opfer, Verantwortung für den Frieden und die Bereitschaft zur Versöhnung  zu Hause und in der ganzen Welt“. Diese treffenden Worte, sollten auch in der Gestaltung der Erinnerungsorte sichtbar werden.

Was leitet darüber hinaus Christinnen und Christen in ihrem Umgang mit der Trauer- und  Erinnerungsarbeit und einer  aktuellen Positionierung zu Fragen nach „Wegen zum  Frieden“? Wir kommen nicht an dem provozierenden und so quer zur Welt stehendem Wort von Jesus vorbei: “Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. …Wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr besonderes?“(Matthäus 5, 44-45,47) Man kann wohl ein irdisches Leben lang über diesen Satz nachdenken und braucht noch länger, um seinen Sinn auch nur ansatzweise zu leben.

Pastor Lutz Krügener