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Dr. Ursula Rudnick zum Pessachfest: Gemeinschaft in schweren Zeiten

Nachricht 22. April 2024
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„Chag Pessach sameach – auch in schweren Zeiten!“, schreibt Pastorin Dr. Ursula Rudnick, Referentin für Kirche und Judentum im Haus kirchlicher Dienste (HkD) in ihrem Grußwort. „Möge die Feier des Seders und die Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten neue Kraft geben – in der Hoffnung auf weitere Befreiungserfahrungen: vor allem auf die Befreiung der Geiseln aus der der Hand der Hamas. Möge die Festfreude verbinden und Kraft geben.“

Das jüdische Pessachfest erinnert an den biblisch überlieferten Auszug der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei. Obwohl das Fest acht Tage dauert, ist vor allem der erste Abend, der Sederabend, Herzstück von Pessach. Der Sederabend fällt in diesem Jahr auf heute, den 22. April. Familien feiern den Sederabend mit symbolischen Speisen und ungesäuertem Brot.

In diesem Jahr dauert das Pessachfest vom 22. bis zum 30. April. Als volle Feiertage gelten der erste Tag - der Tag des Auszugs – und der letzte Tag – der Tag der Spaltung des Schilfmeers. Dazwischen liegen die sogenannten Halbfeiertage, an denen die meisten Werktätigkeiten zwar nicht verboten sind, aber möglichst eingeschränkt werden.

Das Pessachfest hat im Judentum eine besondere Bedeutung, es verbindet Gedächtnisfeier und fröhliches Fest: Es erinnert einerseits an das Leben und die Unterdrückung der Israeliten in Ägypten zur Zeit, als das Volk dort Sklavenarbeit verrichten musste. Andererseits feiern Juden bis heute mit Pessach ihre Befreiung aus der Sklaverei.

Das hebräische Wort „pessach“ bedeutet „vorbeiziehen“. Nach den Erzählungen im Zweiten Buch Mose ließ Gott zur Strafe für die Ägypter ihre Erstgeborenen töten, verschonte aber die Israeliten, weil sie ihre Türpfosten mit Lammblut markierten und so der Todesengel an ihren Häusern vorüberging. Gott verhalf den Israeliten schließlich zur Flucht aus der ägyptischen Knechtschaft. Der Pharao, der die Israeliten mit seiner Armee verfolgte, ertrank im Schilfmeer, das die Israeliten zuvor noch wundersam passiert hatten.

Weil bei der Flucht keine Zeit mehr blieb, den Brotteig aufgehen zu lassen, wird Pessach auch das „Fest der ungesäuerten Brote“ genannt. Orthodoxe Juden essen an Pessach nur die vor dem Fest speziell gebackenen Mazzoth (Matzen), ungesäuerte Brote, und reinigen vor dem Fest den Haushalt von jeglichem Sauerteig und Hefe.

Es werden Speisen gereicht, die an die Ereignisse des Auszugs aus Ägypten erinnern: ungesäuertes Brot, geröstetes Lamm, bittere Kräuter und geriebener Meerrettich, die an die Bitterkeit der Sklaverei erinnern sollen, sowie eine Süßspeise aus Äpfeln, Nüssen und Wein, die den Lehm zum Pyramidenbau darstellt. Dazu werden in bestimmten Abständen vier Gläser Wein getrunken, die die vier Verheißungen Gottes an das Volk Israel symbolisieren: Gott will die Juden aus Ägypten herausführen, sie erretten, erlösen und als sein Volk annehmen (2. Mose 6).

Auch für Christen hat das Pessachfest eine Bedeutung: Nach den neutestamentlichen Berichten war die letzte Mahlzeit Jesu mit seinen Jüngern, das Abendmahl, ein Essen zum Pessachfest. Zudem sieht die christliche Theologie in Jesus das „Opferlamm“ - ein Symbol, das ebenso auf Pessach verweist.

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Apl. Prof. Dr. Ursula Rudnick

Referentin für Kirche und Judentum
Pastorin