Man geht 2 Meter und befindet sich in einer anderen Welt, die Sprachen wechseln im Sekundentakt. Überall Gewänder, Anzüge, Trachten. Was sich anhören mag wie ein Treffen der Vereinten Nationen ist doch eine ganz besondere Veranstaltung. Das internationale Friedenstreffen der Gemeinschaft Sant'Egidio in Berlin.
Vom 10.-12.09.2023 treffen sich die Religionen und Kulturen in der Stadt. Die Gemeinschaft hat sie eingeladen gemeinsan ins Gespräch, in den Dialog zu treten. 1968 in Rom gegründet arbeitet die Gemeinschaft basisnah in vielen Ländern der Welt daran, Hunger und Obdachlosigkeit zu bekämpfen und den Menschen ins Zentrum ihrer friedensstiftenden Arbeit zu stellen. Darüber hinaus ist sie Dialogforum um über die Krisen dieser Welt zu sprechen. Von den Rängen der Verti-Hall lassen sich evangelische, katholische, jüdische, hinduistische, buddhistische, orthodoxe, muslimische und viele weitere Geistliche erblicken.
Sie werden gemeinsam mit den Besucher:innen des Treffens über Themen wie Klimawandel, den friedlichen Austausch zwischen den Religionen, Flucht & Migration, Frieden in einer fragmentierten Welt bis hin zur Frage einer atomwaffenfreien Welt diskutieren.
Foto: Felix Paul
Das Treffen hat schon in diesen drei Tagen vor Ort Brücken zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Konfessionen und Religionen geschlagen. Manche, die schon seit längerem dabei sind, haben sich wiedergetroffen. Aber auch wer das erste Mal dieses internationale Friedenstreffen besucht hat, konnte sofort neue Menschen kennenlernen. Das gemeinsame Ziel hat verbunden, schon in Berlin, und von da aus über diesen Ort und diese Tage hinaus. „Wir sind unterschiedlich, aber gemeinsam sind wir stärker und solidarisch, vereint in der Suche nach Frieden und in der Wertschätzung, die die Gläubigen gelernt haben, füreinander zu haben“, sagte Marco Impagliazzo, der Präsident der Gemeinschaft Sant’Egidio, am Dienstag bei der Abschlussveranstaltung.
Claudia Möller schreibt:
Ein Moment, bei dem viele der vor dem Brandenburger Tor Versammelten sichtbar gerührt waren, war die Unterzeichnung des Friedensappels durch die Vertreter*innen verschiedener Religionen dieser Welt und durch geladene Gäste. Kinder haben die unterschriebenen Bögen unter dem Beifall der Menschen auf dem Platz eingesammelt. Zum Ende der Feier zündete jeder und jede der Religionsvertreter*innen feierlich eine Kerze auf einem großen Kandelaber an. Der Schein der Kerzen harmonierte mit dem beginnenden Abendrot über dem Tor.
Nur ein symbolischer Akt ohne Tiefenwirkung? Ich glaube, es war viel mehr. An diesem Ort, den vor der Grenzöffnung so niemand betreten konnte, geschweige denn durch das Brandenburger Tor hindurchziehen, so wie es in der Prozession vor Beginn der Schlussveranstaltung geschah, für den Fall von Mauern und Ausgrenzung zu beten, hat eine Kraft, die von dem kommt, der unsere Gebete hört. Mit Gläubigen so unterschiedlicher Religionen gemeinsam den Friedensgruß zu wechseln, hat der Welt gezeigt, dass uns als Menschen mehr verbindet als uns trennt. Ja, das Treffen war voll von Symbolik. Doch jeder und jede Einzelne, ob hochrangiger Religionsvertreter oder Freiwillige in einer Gemeinde oder Kind, wird diesen Geist des Friedens, den wir in Berlin erlebt haben, weitertragen, und es wird Wirkung zeigen bei vielen. An diesem Ort in Deutschland wurde schon ein anderes Mal deutlich, wie viel Kerzen und Gebete verändern können.