Utarp, kurz vor der Nordseeküste
Als ich um 10 Uhr bei Günter Lüken anrufe um ihm zu sagen, dass ich mich ein bisschen verfahren habe und 10 Minuten später ankomme, antwortet er gut gelaunt: "Gar kein Problem, ich bin auch noch in einer Videokonferenz, komm in Ruhe an."
Beruhigt suche und finde ich den Weg und stehe wenig später bei Lükens auf dem Hof. "Herzlich Willkommen", sagt Günter, wir duzen uns gleich.
Die Hofführung beginnt im Laufstall - hier leben 180 Milchkühe, davon einige der Rasse Jersey - diese zeichnen sich durch eine etwas geringere Milchmenge, aber sehr guten Inhaltsstoffen in der Milch aus, und mit ihren großen runden Augen und puscheligen Ohren sehen sie zugleich niedlich und schelmisch aus.
Der Stall ist offen, die Kühe können jederzeit auf die Weide, wo viele auch gerade sind.
Wir gehen weiter in den Melkstand und Günter erklärt mir, wie sie dank digitalisierter Technik bei jedem Melken viele Informationen über die Kuh erfahren: von der Bewegungsfreudigkeit bis zur individuellen Milch-Statistik. So haben sie immer im Blick, wie es jeder Kuh geht und können gleich erkennen, wenn es bei einer Kuh mal Auffälligkeiten gibt.
Auf dem Weg zu den Kälbern beginnen wir Gesprächsthemen, auf die wir noch einige Male zurückkommen werden: die Rolle der Kirche in der Landwirtschaft, die Rolle des Menschen in der Welt - "Bewahrung der Schöpfung" und "Überbewertung unserer menschlichen Fähigkeiten" angesichts Gottes Schöpfung, ja, angesichts der Ewigkeit.
Günter ist in landwirtschaftlichen Ehrenämtern ebenso aktiv wie in Kirchlichen. Als Methodist hat er zu einigen Themen eine etwas andere Ansicht. Manche Fragen stellen sich bei Methodisten nicht gleichermaßen: so haben beispielsweise die Freikirchen keine landwirtschaftlichen Flächen, die sie verpachten und für die sie Sorge tragen. Doch trotz solcher Unterschiede verbindet uns das Christ-Sein und wir kommen ins Gespräch über religiöse und weltliche Fragen.
Wir sprechen noch über Vieles - Vereinbarkeit von Familie und Beruf (auf einem Hof ist eigentlich immer jemand da, was besonders für Kinder sehr schön ist), dass Landwirt*in sein sowohl Beruf als auch Berufung ist (eine Parallele zu Pastor*innen), dass Artenschutz und Landwirtschaft sich nicht ausschließen und nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, dass sie dennoch Sorge vor Wölfen haben und dass die Welt nicht schwarz-weiß ist.
Auch Günter sagt: "Wir in der Gesellschaft haben uns gegenseitig aus den Augen verloren - die, die in der Stadt wohnen und die, die auf dem Land wohnen. Wir müssten wieder miteinander reden, damit auch die gegenseitige Wertschätzung wieder steigen kann."