Gedanken zum Tag der Arbeit am 1. Mai
Standortbestimmung für sich selbst
Es gibt Feiertage, die das Jahr einteilen. Weihnachten, Ostern, Pfingsten und andere im kirchlichen Bereich, Geburts- oder Hochzeitstage im privaten, Gedenktage und Jubiläen im politischen. Die Aufgabe ist, diese Tage und die darum liegende Zeit mit Sinn und Bedeutung zu erfüllen. Natürlich kann man Weihnachten auch „einfach nur so“ feiern, sich auf gutes Essen und den Austausch von Geschenken beschränken. Aber dann fehlt etwas.
Wie ist es mit dem 1. Mai?
Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute hat sich seine Bedeutung gewandelt, auch bedingt durch den Wechsel der politischen Systeme über Kaiserreich, Weimarer Republik, NS-Diktatur und die Bonner Republik bis zur Wiedervereinigung von DDR und BRD. Jenseits ideologischer Slogans gab es handfeste Themen wie die Forderung nach Einführung des Acht-Stunden-Tages und der Mitbestimmung. Und heute? Im Beitrag von Dorlis Blume vom Deutschen Historischen Museum in Berlin aus dem Jahr 2010 heißt es nach einem historischen Abriss: „Die überwiegende Mehrheit der Menschen aber zieht es heute am 1. Mai eher ins Grüne“ (www.dhm.de). Wenn das stimmt, ist offenbar der ursprüngliche Sinn dieses Tages aus dem Blick geraten und aus dem ehemaligen „Kampftag“ ist Freizeit geworden.
Vielleicht ließe sich der freie Tag auch zu Reflexion und Austausch darüber nutzen, was „Arbeit“ für mich persönlich bedeutet? Vordergründig ist es für mich und vermutlich viele andere klar: Wir arbeiten, um Geld zu verdienen und uns so den Alltag leisten zu können. Aber da ist noch mehr: Arbeit kann Sinn stiften, erfüllend sein, sogar Spaß machen. Oder genau umgekehrt als öde und stumpf, ja krank machend empfunden werden. Wie auch immer – die Antwort auf die Frage, was „Arbeit“ individuell bedeutet, wird differenziert ausfallen. Vor allem dann, wenn wir nicht zufrieden sind mit dem, was wir machen (müssen). Es gehört Mut dazu, sich einzugestehen, dass die eigene Tätigkeit nicht zu einem passt. Sei es, dass es über einen längeren Zeitraum zu einer negativen Entwicklung gekommen ist, sei es, dass abrupte Veränderungen das einstmals Gute in Schlechtes verkehrt haben. Dem ins Gesicht zu sehen, ist nicht einfach. Und noch einmal eine große Portion Mut gehört dazu, Veränderung zu wagen. Sich, wenn es irgend möglich ist, nicht unterkriegen zu lassen, sondern Anderes, Neues anzusteuern und auszubrechen aus vertrauten Strukturen, aufzubrechen ins weniger Bekannte.
Könnte das, neben allen traditionellen Formen zur Feier des 1. Mai, nicht auch eine Gestaltungsform dieses Tages sein? Nachzudenken, wo man steht im Verhältnis zu seiner Arbeit und welche Veränderung sinnvoll und möglich wäre?
In diesem Sinn wünschen wir Ihnen einen gesegneten Tag der Arbeit.