Von Treppenlift zu Tricks mit Klicks
Mein Vater war immer sehr sportlich. Als er jedoch die 90 Jahre überschritten hatte, ließen seine körperlichen Kräfte und seine Beweglichkeit nach. Als meine Geschwister und ich bemerkten, wie zunehmend schwer ihm das Treppensteigen fiel, setzten wir mit etwas Überzeugungsarbeit die Anschaffung eines Treppenlifts durch. Von da an konnte unser Vater bequem von der Ein gangstür bis vor sein Schlafzimmer fahren. Heute, zehn Jahre später und fünf Jahre nach seinem Tod, erhalte ich bei Internetseiten sehr häufig Werbung für Treppenlifte. Ich kann nicht ausschließen, dass über mich ein besonderes Interesse an Treppenliften hinterlegt ist oder durch Analyse meiner Daten berechnet wird. Ich vermute jedoch, dass mir diese Werbung aufgrund meiner Erfahrung mit meinem Vater besonders ins Auge fällt. Was mir ebenfalls auffällt, ist, dass diese Werbung mit einem besonderen Schema arbeitet. Gezeigt werden keine Menschen, sondern offensichtlich mit KI (künstlicher Intelligenz) generierte Bilder, die seltsamste Geräte auf einer Treppe zeigen. Im Text steht immer sinngemäß: „Treppenlifte ohne Installation“. Menschen tauchen in diesen Bildern nicht auf; manchmal sind aber Füße und Beine zu sehen, und immer wieder sehr fantasievoll die unterschiedlichsten Gerätschaften. Allen diesen „Treppenliften“ ist gemeinsam, dass nicht erkennbar ist, wie sie überhaupt funktionieren sollen. Kein Mensch, dem sein Leben oder das seiner Angehörigen lieb ist, wird je einen Fuß auf diese Geräte setzen. Was soll das dann? Irgendwer muss für diese Werbung doch bezahlen! Es geht offensichtlich darum, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu wecken, seinen Widerspruch zu provozieren und ihn zum Klicken zu verführen. Hat er einmal auf die Anzeige geklickt, werden ihm alle möglichen Angebote und weitere Dienste vorgeschlagen. Was allerdings nie angeboten wird, sind die fantasievollen Geräte der ersten Offerte. Im Zeitalter der KI muss kein Designer mehr diese Bilder gestalten, kein Texter mehr den Text entwerfen, dies alles wird automatisch nach einfachen Vorgaben von der KI generiert. Ein Klick und schon zappeln wir im Netz unserer eigenen Neugier. Was hier erkennbar seltsam um unsere Aufmerksamkeit buhlt, lässt sich leider auf andere Bereiche übertragen und nicht immer ist der Kontext klar erkennbar oder die Absicht so einfach zu durchschauen. Gerade bei Ressentiments und politischen Botschaften wird es im Internet leider gefährlich. Die biblische Empfehlung des Apostels Paulus bleibt mit ihrem pragmatischen und kritischen Ansatz auch im Umgang mit den Angeboten der Digitalisierung und KI eine gute Richtschnur: „Prüft aber alles und das Gute behaltet. Meidet das Böse in jeder Gestalt.“ 1. Thessalonicher 5, 21-22
Dr. Karl Teille