Bürgergeld-Bingo!
Thomas Wasilewski bezieht Bürgergeld. Nach 30 Jahren Arbeit ist der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann krank geworden und kann seitdem nicht mehr arbeiten. Er engagiert sich bei der Tafel und hat mit wenig Geld drei Kinder großgezogen.
Thomas Wasilewski gibt armutsbetroffenen Menschen eine Stimme und setzt sich öffentlichkeitswirksam für ein höheres Bürgergeld ein. Er fordert einen Regelsatz von guten 800 Euro. Wirtschaftsliberale Vertreter sind empört: Ein so hohes Bürgergeld verringere die Motivation zur Arbeitsaufnahme und benachteilige die Leistungsträger unserer Gesellschaft, die mit ihren Steuern das System finanzieren.
Sozialverbände und Kirchen sehen das anders. Ein auskömmliches Bürgergeld soll gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und verhindern, dass jemand in unserer Gesellschaft durch das soziale Netz fällt. Zugegeben – die „richtige“ Höhe des Bürgergeldes zu bestimmen, ist schwierig. Vielleicht ist es hilfreich, sich in die Lage eines Bürgergeld-Beziehers zu versetzen und darüber nachzudenken, was man sich selbst wohl von 563 Euro im Monat leisten könnte. Wie ernähre ich mich beispielsweise von 6,50 Euro am Tag? Oder wie bleibe ich mobil, wenn die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr das monatliche Budget übersteigen?
Das Bürgergeld-Bingo bietet eine gute Gelegenheit, sich über solche Fragen Gedanken zu machen. Für zwölf Ausgabenbereiche kann jeder überlegen, wie viel Euro er selbst dafür im Monat ausgeben würde. Erst wenn jeder Euro so lange „umgedreht“ wurde, bis sich genau 563 Euro ergeben, heißt es „Bingo“. Dieses „Spiel“ wurde vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in Zusammenarbeit mit der Diakonie, dem Armutsnetzwerk und dem Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt e.V. entwickelt. Probieren Sie es aus – Sie finden es unter: https://buergergeld-bingo.de.
Zum Schluss ein bemerkenswerter Satz von Thomas Wasilewski aus der Sendung „Hart aber fair“: „Wenn man den Schwächsten in dieser Gesellschaft durch Sanktionen das letzte Hemd nehmen will, dann sollte man so fair sein und den Stärksten in dieser Gesellschaft das abverlangen, was die Gesellschaft braucht – nämlich höhere Steuern.“
Vielleicht hätte Jesus das ähnlich gesehen. Immerhin hat er die Reichen aufgefordert, ihre Ressourcen mit denen zu teilen, die weniger haben. In der Geschichte von Zachäus (Lukas 19,1–10), dem reichen Zöllner, sehen wir ein Beispiel, wie Reichtum im Sinne Jesu verwendet werden kann. Zachäus entscheidet sich, die Hälfte seines Besitzes den Armen zu geben.
Axel Braßler