Internationaler Frauentag: wir brauchen mehr Rosen
Ja, Frauen freuen sich über Rosen am Frauentag. Aber nein, es reicht nicht. Jedes Jahr wird am 8. März auf die fortwährenden geschlechtsspezifischen Missstände auf dem Arbeitsmarkt hingewiesen. Daher hier nur eine knappe Wiederholdung der bekannten Befunde: ein gleichbleibend hoher Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern samt Auswirkung auf die Alterssicherung, ein erschütternd niedriger, zu vernachlässigender Anteil an nicht-männlich besetzten Entscheiderposten in Unternehmen. Übergriffige Rollenzuschreibungen, veraltete Frauenbilder und finanzielle Abhängigkeiten werden kurz thematisiert. Wie eindrücklich diese Problematik auch ist, die blutleere Diskussion aber lässt Frauen zunehmend frustriert, erschöpft und wütend zurück.
Denn es gibt immer noch zu wenig männliche Rollenbilder, die diese eigentlich nicht zu rechtfertigenden Schieflagen abzubauen helfen. Sei es durch eine Lebensführung, in der ein gerechter Anteil familiärer Care-Arbeit übernommen wird. Sei es über die Einforderung eines entsprechenden Arbeitszeitmodells auch jenseits der Altersgrenze, an der die Generation Z mehr Work-Life-Balance einfordert. Gut, dass es mittlerweile vielfältige Optionen der Elternzeit für beide Elternteile gibt. Die Nutzungskultur hinkt dem aber stark hinterher, der Effekt ist oft nicht nachhaltig. Die Teilzeitfalle schnappt noch zu häufig bei Frauen zu.
Mangelnde politische und finanzielle Rahmenbedingungen werden gerne als Argumente gegen größere Zeitfenster jenseits von außerhäuslich bezahlter Erwerbsarbeit angeführt. Aber seien wir doch realistisch: Die externen Kosten, die aus zu einseitig verteilter Zeit resultieren, werden selten mit einberechnet, Care-Arbeit ist immer noch systematisch unsichtbar, dem Wunsch Vieler nach mehr Zeit außerhalb des Jobs wird oft mit nicht mehr zeitgemäßer Arbeitsethik begegnet. Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde – auch dieser biblische Auszug (Prediger 3,1-2) wird meist auf die Unterschiedlichkeit von Lebensphasen bezogen anstatt auf Zeiträume, die in jeder Lebensphase unterschiedliche Zeitbedarfe ermöglichen.
Seien wir weiter realistisch: Zeit ist die wahre knappe Ressource. Fair verteilte Zeit braucht es, um für alle menschlichen Bedarfe Räume zu öffnen: Zeit für die Arbeit, Zeit für Familie und Freunde, Zeit für sich und Zeit für gesellschaftliches Engagement, fürs Ehrenamt. Meine Rose am 8. März geht daher an die wenigen Männer, die einen anderen Weg als die Generation ihrer Väter gehen und dazu stehen; an Personalabteilungen, die für alle konkrete Maßnahmen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entwickeln oder zu ehrenamtlichem und gesellschaftlichem Engagement auffordern und freistellen; an Führungskräfte, die in ihrer Vorbildfunktion selbst ein ausgewogenes Zeitmaß vorleben und es auch ihren Angestellten ermöglichen. Und dadurch mit an der Schraube drehen, bessere Lebens- und Arbeitswelten für eine moderne und diverse Gesellschaft zu gestalten.