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Foto: Stephan Eimterbäumer

Wortmeldung April 2024

Nachricht 01. April 2024

Sozialer Wohnungsbau heute - ein Armutszeugnis

Zu diesem Thema schreibt Torsten Windels, Ökonom und Koordinator der Keynes-Gesellschaft in der Regionalgruppe Nord, dieses:
Versprochen wurde viel. Die Bundesregierung will jährlich 400.000 neue Wohnungen schaffen (lassen). Davon 100.000 Sozialwohnungen. 2023 wurden voraussichtlich aber nur 250.000 Wohnungen neu gebaut. Tendenz: weiter sinkend. Noch schlechter sieht es beim Neubau von Sozialwohnungen aus. Ende der 80er Jahre gab es in Deutschland noch vier Millionen Sozialwohnungen. Dies entsprach einem Viertel der Mietwohnungen. Aktuell läuft der Bestand Richtung 1 Mio. (weniger als 5% der Mietwohnungen). Trotz vielfältiger ‚Bemühungen‘ hat sich im sozialen Wohnungsbau wenig geändert. Die Zahl der aus der Sozialbindung herausfallenden Wohnungen bleibt in Deutschland größer als die Zahl neu hinzukommender Sozialwohnungen. Insbesondere die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit in Deutschland 1990 hat zu einer Abkehr vieler Wohnungsunternehmen von der Errichtung und der dauerhaften Bereitstellung von günstigen Mietwohnungen geführt. Gleichzeitig wurden seinerzeit große Wohnungsbestände von Ländern und Kommunen privatisiert. Gewinnorientierung und privatisierte Mietwohnungsmärkte sollten die Wohnungsbedürfnisse befriedigen. Dies war ein Irrtum. Wohnungsmangel und drastisch gestiegene Baukosten und Bodenpreise treiben die Mieten. Zudem schafft die Mietwohnraumförderung keine dauerhaften Sozialwohnungen, sondern bindet sie nur für eine bestimmte Dauer. Danach fallen die geförderten Wohnungen den Eigentümern ohne Auflagen zu. Statt öffentliches Vermögen mit Steuermitteln zu schaffen, fördert die Politik letztlich private Vermögensbildung und muss nach Auslaufen der Bindungsfristen wieder von vorne anfangen. Niedersachsen hat immerhin zum Jahresbeginn 2024 mit der ‚Wohnraum Niedersachsen‘ eine landeseigene Wohnungsgesellschaft gegründet und meldet sich als Akteur im Wohnungsbau zurück. Hoffentlich tut sich jetzt was im sozialen Wohnungsbau. Bleiben wir kritisch, aber optimistisch.

Kirchlicherseits hat sich auch die Diakonie der Problematik angenommen, wie aus dem ergänzenden Beitrag von Diakoniepastor Friedhelm Feldkamp hervorgeht:
Natürlich ist das Ziel: „angemessene Wohnraumversorgung“ Grundlage, ausufernder, zunehmender Wohnungslosigkeit zu begegnen. Dafür kämpft die Diakonisches Werk Hannover gGmbH an vielen Stellen als Lobbyistin derer, die den Herausforderungen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gerecht werden können und denen Abgleiten in soziale Härten und Wohnungslosigkeit droht oder wohnungs- bzw. obdachlos sind.

Auf dem Weg dahin gewährleisten wir eine Vielzahl perspektivisch aufeinander abgestimmter Hilfesysteme, die Sorge tragen, dass Menschen Wohnungslosigkeit bestenfalls erspart bleibt oder durch Beratungs- und medizinische Angebote oder mit konkreten, wohnbegleitenden Angeboten wie der ‚Sozialen Wohnraumhilfe‘ mit 300 Wohnungen in der Landeshauptstadt im Bestand oder dem Housing-First die Teilhabe am Menschenrecht „Wohnen“ wieder und segensreich ermöglichen.

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