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Grafik: HkD

Begriffe auf Denk- und Ehrenmälern

Begriffe auf Denk- und Ehrenmälern des 1. und 2. Weltkrieges

 

  • Allgemein: Auch wenn heute bestimmte Begriffe auf Gedenktafeln o.Ä. auf den ersten Blick nicht bedenklich erscheinen, ist es notwendig, dass Geschriebene im historischen Kontext zu sehen. Diese Vorüberlegung hilft, die Bedeutung der Worte besser einordnen zu können und für den gegenwärtigen Kontext nutzbar zu machen.
 
 
  • Vaterland:Christliche Kirchen verbanden seit dem 18 Jh. die Gottesliebe mit der propagierten Vaterlandsliebe. Sie reduzieren damit das „himmlische“ Jerusalem auf einen politischen Nationalstaatsbegriff. Dadurch unterstützten die Kirchen im Zuge des 1. und 2. Weltkrieges die „Durchsetzung moderner Nationsentwürfe“ und die Bildung eines kriegerischen Nationalstaatsgebildes, das Menschen aus dieser „fiktionalen Einheit“ ausschloss (àVolk). Die gepriesene und gepredigte Loyalität gegenüber dem Vaterland widerspricht damit dem universalen Anspruch des Neuen Testaments (Graf, RGG, Bd. 8, 2005: S. 887f). Darüber hinaus vermittelt der Begriff nach wie vor die ursprüngliche mittelalterliche Bedeutung, worin es männliche (väterliche) Besitzrechte beschreibt. Dies stellt Verhältnisse oder Ansprüche dar, die den Frauen innerhalb des Vaterlandsverständnisses nicht zugestanden wurden.
 
 
  • Volk: Diese Bezeichnung dient in erster Linie der (politischen) Abgrenzung einer bestimmten, vermeintlich einheitlichen Gruppe Menschen nach außen. Sie dient der Sinnstiftung und vermittelt ein Zugehörigkeits- und ggf. Überlegenheitsgefühl aller „Volksmitglieder“ (Junginger, RGG, Bd. 8, 2005: S. 1146f.). Entscheidend ist dabei, dass im 1. Weltkrieg und besonders während der NS-Zeit entwickelte und propagierte Volkscharakteristikum. Danach bildet sich das „Volk“ aus einer Abstammungsgemeinschaft heraus, was zum (willkürlichen) Ausschluss anderen Menschen führte. Die Nationalsozialisten prägten im Zuge dessen den Begriff des „Volksschädlings“, der die „Volksgemeinschaft“ allein durch seine Nichtzugehörigkeit stört und beseitigt werden muss. Durch die Legitimation bzw. stille Akzeptanz des Begriffs „Volk“ im Rahmen der Weltkriegsgedenkorte werden zugleich die damalige Ausgrenzungspolitik sowie die Implikation des Begriffs „Volksschädlings“ gebilligt. Heute wird der Begriff „Volk“ als Synonym für Bevölkerung verwendet, wobei es auch hier Streitpunkte darüber gibt, ob alle Gruppen innerhalb gemeinsamer Grenzen zur Bevölkerung dazu gehören, d.h. die gleichen Rechte besitzen (Stichworte: u.a. Wahlrechtsdebatte, Aufenthaltsstatus, Staatsbürgerschaft).
 
 
  • Opfer: Im Krieg getötete Kombattanten (aktiv an Kriegshandlungen Beteiligte, d.h. u.a. Soldaten) wurden vor allem auf Denkmälern des  1. Weltkrieg als Opfer bezeichnet oder stilisiert. Damit wurden zum einen das vermeintliche Unverschulden des eigenen Todes und zum anderen das Leben als Gabe für ein höheres Ziel ausgedrückt. Dies relativiert die Tatsache, dass Soldaten nicht in erster Linie Opfer, sondern vor allem Handelnde waren. Obendrein zeigt die „Bewertung des Soldatentodes als christlicher Opfertod, wie dies im […]Gedenken nach 1918 gang und gäbe war“ deutlich die einseitige Verwobenheit mit der Kirche und die Fehlinterpretation es Evangeliums (vgl. Schneider 1991: S. 317). Das damit die zivilen Opfer der Kriege relativiert werden kommt klar zum Ausdruck. „Heutige ethische Opferkritik muss sich also mit »Nachbildern« auseinandersetzen, z.B. mit einem absolut gesetzten Vaterland […], die eine Aufopferung von Menschenleben angeblich verlangen und rechtfertigen“ (Gestrich, RGG, Bd. 7, 2005: S. 588).
 
 
  • Held: Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen. Durch diese „Opferhelden“ werden bestimmte Werte, die dieser Held verkörperte erhöht und für die Gesellschaft als besonders erstrebenswert definiert, wie z.B. die Opferbereitschaft, „Vaterlandsliebe“, Mut, Furchtlosigkeit. Im Gegenzug lässt sich gleichfalls nicht heldisches Benehmen erkennen: Zögern, Zaudern, Furcht, Illoyalität usw. Durch den universellen Anspruch des Heldengedenkens wird die „Leistung für das Gemeinwesen“ anerkannt und wirkt fortan als Vorbild, was zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt (Opferheldenverehrung des 1. WK trug zu Militarisierung im Zuge des 2. W.K. bei). „ Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.„ ( Kurt Tucholsky) Schließlich kann durch heldenhaftes Verhalten (Sterben inklusive) jeder zum Held werden – die Kriterien dafür sind im Grunde vorgegeben (vgl. Schilling 2002: S. 22ff.).
 o   Vorschläge zur pädagogischen Arbeit mit Gruppen:
Momentane „Helden“ von Gruppenmitgliedern benennen lassen und die verkörperten Werte herausarbeiten. Wie unterscheiden sie sich zu den Werten der „Opferhelden“? Wie sähe ein perfekter Held aus, der Werte des gerechten Friedens verkörpert? Gibt es solche Helden bereits?
 
 
  • Gefallen/Gefallener: Dieser Begriff wird benutzt, um den Tod von Kombattanten zu beschreiben, die während Kampfhandlungen ums Leben gekommen sind. Er befindet sich häufig auf den entsprechenden Denkmälern und ist seit 2008 (seit dem Verteidigungsminister Jung ihn verwendet hat) wieder im politischen Sprachgebrauch in Deutschland zu finden.                                                                                               Es ist dabei zu erörtern, in wie fern eine Beschönigung des gewalttätigen Todes vorliegt, so dass er in der öffentlichen Wahrnehmung als weniger folgenschwer und damit akzeptierter als andere Todesarten angesehen wird. Außerdem bleibt durch die universelle Verwendung von „gefallen“ der tatsächliche (schreckliche) Todesgrund verborgen (verblutet, erschossen, zu Tode gefoltert usw.) (vgl. Franz 2001: S. 53). Möglicherweise wurde der Begriff dem Alten Testament entlehnt, da hier bereits von „Gefallenen“ gesprochen wird: z.B. im Buch Josua 8, 25: „Es gab an jenem Tag insgesamt zwölftausend Gefallene, Männer und Frauen, alle Einwohner von Ai“. Allerdings werden in der Bibel Kombattanten und die Zivilbevölkerung als „Gefallene“ während kriegerischer Auseinandersetzungen angesehen. Eine interessante Diskrepanz, die diskutiert werden müsste.