„Höher, Helene, höher!“
Sie konnte es kaum fassen! Gestern hatte sie es auf N3 gesehen und davon gehört. Von dieser jungen Frau, die einfach irgendwo Schaukeln aufhängt. „Eine tolle Aktion,“ hatte sie gedacht. Wie gern war sie als Kind geschaukelt? Wie oft hatte sie nachmittags auf dem Spielplatz ihrer Schwester zugerufen: „Anschwung!“ Und war hochgeschaukelt. Soweit, dass die Ketten begannen zu schlackern und sie fast vom Brett geflogen wäre.
Sie hatte die Augen geschlossen und sah die Bilder wieder vor sich: den Baum, an dem die Schaukel befestigt war. Die Wiese, den Sandkasten. Kinderstimmen hörte sie, die sie anfeuerten: „Höher, Helene, höher!“
Jetzt öffnete sie die Augen wieder. Da war wirklich eine Schaukel! Unfassbar! Irgendjemand hatte sie da hingehängt. In ihren Garten, an den großen Ast, der aus dem Ahorn ragt. Vorsichtig berührte sie das Sitzbrett. Ja, das war echt. Leicht gab das Brett nach. Die Kettenglieder gaben ein vorsichtiges metallisches Klicken von sich. Mit beiden Händen hielt sie sich fest und zog sich nach einem kleinen Hüpfer auf die Schaukel. Da saß sie nun, schloss erneut die Augen, fühlte jeder Bewegung nach und war einfach nur glücklich. Sie zog ihr Smartphone aus der Tasche. Ein Selfie, das musste jetzt sein.
Alfelder Zeitung 20.06.2021: Beinahe zu einem Fehlalarm wäre es am gestrigen Sonntag am Eichenkamp gekommen. Nachbarn wollten die Feuerwehr rufen, weil sie meinten Hilferufe zu hören. Dann entdeckten sie eine jauchzende Seniorin auf einer Schaukel.
Anmerkung: Die Zeitungsmeldung ist fiktiv. Die erwähnte Schaukel-Aktion gibt es wirklich. Leider konnte ich dazu im Internet nichts mehr finden.
Bernd-Ulrich R. aus Alfeld