Das Schicksal der mehr als 3.100 vietnamesischen „Boatpeople“, die ab 1978 in Ostfriesland Schutz fanden, soll in einem neuen Erweiterungsbau an dem Friedensort Dokumentationsstätte „Gnadenkirche Tidofeld“ in Norden beleuchtet werden. Der Bund werde über das Programm „KulturInvest“ mit 1,5 Millionen Euro die Hälfte des Vorhabens finanzieren, teilte der Vorsitzende des Trägervereins, der Norder Superintendent Helmut Kirschstein, am Donnerstag mit. Nun gehe es darum, weitere 1,5 Millionen Euro einzuwerben.
Vor knapp vier Jahren gründete sich unter dem Dach der Dokumentationsstätte Gnadenkirche Tidofeld der Arbeitskreis Forum Boatpeople. Der Arbeitskreis verfolgt das Ziel, in einer baulichen Erweiterung der Dokumentationsstätte die Ankunftsgeschichte der vietnamesischen Bootsflüchtlinge darzustellen. Mehr als die Hälfte der in Niedersachsen aufgenommenen Vietnamesen erreichten über das Sozialwerk Nazareth in Norden-Norddeich das Land Niedersachsen. Die Menschen prägten nicht nur die Region, mehr noch: Die Aufnahme gilt auch als Zäsur in der bundesdeutschen Asylpolitik – die Kontingentregelung, die bis heute immer wieder Anwendung gefunden hat, wurde geschaffen.
Welche Chance die bauliche Erweiterung in einem gesamtgesellschaftlichen Sinne hat, macht Tuan Kiet Hoang, Mitglied des Arbeitskreises und Vorstandsmitglied der Dokumentationsstätte, deutlich: „Erst vor zwei Wochen bei dem Zeitzeugengespräch „Fluchtpunkt Niedersachsen“ in Tidofeld zeigte sich wieder, wie wichtig es ist, Geflüchteten zuzuhören und eine Stimme zu geben. Gerade in diesen Zeiten. Dass wir jetzt ganz konkret die Chance haben, das Forum Boatpeople in Norden zu verwirklichen, ist einmalig und überwältigend.“
Seit 2013 wird die Gnadenkirche im Norder Stadtteil Tidofeld als Dokumentationsstätte genutzt. Dort entstand nach dem Zweiten Weltkrieg eines der größten Flüchtlings- und Vertriebenenlager in Niedersachsen. Bis 1960 kamen in Tidofeld insgesamt rund 6.000 Flüchtlinge und Vertriebene vor allem aus Schlesien unter. 1961 wurde als Ersatz für eine Barackenkirche die heutige „Gnadenkirche Tidofeld“ gebaut.
Die Dokumentationsstätte Gnadenkirche Tidofeld ist „Begegnungsort des Friedens“ der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und wird gefördert durch den Fonds „Friedenswege“.