Angesichts sich festigender rechtsextremer Milieus in Niedersachsen weitet die Initiative „Kirche für Demokratie - gegen Rechtsextremismus“ ihre Aktivitäten aus. „Unsere Gesellschaft polarisiert sich“, sagte der Braunschweiger evangelische Propst Lars Dedekind am Freitag bei der diesjährigen Vollversammlung der niedersächsischen Initiative. Unter anderem versuchten ausländische Interessengruppen, die Gesellschaft zu spalten und die Demokratie zu untergraben.
Niedersachsen sei eine westdeutsche Hochburg des sich neu formierenden Rechtsextremismus, sagte die Politologin Andrea Röpke auf Einladung der Initiative. Sichtbar werde dies etwa an völkischen Siedlungen in ländlichen Regionen und an der wachsenden Beliebtheit der sogenannten „germanischen neuen Medizin“. Röpke betonte, dass die Bedrohung derzeit noch unterschätzt werde. Die neuen Rechten seien sehr gebildet und gingen äußerst strategisch vor.
Die Rechtsextremismus-Expertin Anna Weers von der Amadeu-Antonio-Stiftung verwies auch auf sogenannte „Freilerner“, die ihre Kinder in Runenkunde unterrichteten oder „Querdenken“-Schulen gründeten. Auch die sogenannte Anastasia-Bewegung, die im Harz Fuß fasse, müsse als Gefahr für die freie Gesellschaft ernstgenommen werden.
Die Stiftung hatte bereits 2017 gewarnt, dass der Nordosten Niedersachsens ein Sammelbecken der rechten Szene sei. Völkische Siedler gibt es ihren Angaben zufolge in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Lüneburg sowie im Heidekreis. Junge rechtsextreme Familien ließen sich seit Jahren dort gezielt in eher strukturschwachen Regionen nieder, mitunter auch im Umfeld entsprechender Sippen, die dort schon seit Jahrzehnten lebten. Sie betrieben ökologische Landwirtschaft, pflegten altes Handwerk und Brauchtum und organisierten eigene Wirtschaftsnetzwerke.
Die Initiative „Kirche für Demokratie - gegen Rechtsextremismus“ berät Bürger, die in ihrer Kommune rechtsextreme Bestrebungen wahrnehmen. Sie wurde 2010 in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gegründet. Seit April 2022 gehören ihr auch die braunschweigische und die oldenburgische Landeskirche an.
Evangelischer Pressedienst (epd), Landesdienst Niedersachsen-Bremen